Methode - Geoelektrische Tiefensondierung

Messprinzip

Das Prinzip der geoelektrischen Tiefensondierung ist die Messung des elektrischen Widerstandes des Untergrundes, indem über zwei Stromelektroden (ca. 50 cm lange Stahlspieße) ein Strom in den Untergrund eingespeist und zwischen zwei weiteren Elektroden die sich darauf einstellende Spannung gemessen wird (Bild 1a). Während die Spannungselektroden bei der Messung eines Punktes am selben Ort bleiben, wird der Abstand (die Auslage) zwischen den Stromelektroden sukzessive erhöht, wobei das Stromsystem tiefer in den Untergrund vordringt. Auf diese Weise erhält man die Sondierungskurve, eine Reihe von Messwerten aus sogenannten scheinbaren spezifischen elektrischen Widerstandswerten (Bild 1b). Die Messwerte mitteln dabei über einen jeweils erfassten, größeren Tiefenbereich und nehmen je nach Schichtaufbau des Untergrundes mit steigender Auslage zu- oder ab. Der gemessene Widerstandswert nimmt mit der Auslage zu, wenn elektrisch gut leitfähige Schichten wie Tone (geringer Widerstand) von geringer leitfähigen Schichten wie z.B. Kies, Sandstein oder Fels (höherer Widerstand) unterlagert werden. Bei umgekehrter Lagerung nehmen die Messwerte mit zunehmender Auslage ab. Mehrschichtige Lagerungsverhältnisse ergeben entsprechend kompliziertere Sondierungskurven.

Bild 1: Links: Messanordnung der geoelektrischen Tiefensondierung. Rechts: Sondierungskurve

Fluviatile Ablagerungen zeigen oft starke laterale Änderungen in Zusammensetzung und Mächtigkeit. Befinden sich solche lateralen Heterogenitäten im Auslagenbereich, wirkt sich dies verzerrend auf die Messwerte einer Sondierungskurve aus. Um diesen Störeinfluss zu minimieren, verwenden wir eine spezielle Elektrodenkonfiguration, die Halbe-Schlumberger-Anordnung. Diese Konfiguration (Bild 2 Mitte) besitzt eine wesentlich höhere laterale Auflösung als die herkömmliche Volle-Schlumberger-Anordnung.

Der Vorteil gegenüber der Vollen-Schlumberger-Anordnung ist, dass zur Erkundung der gleichen Tiefe nur noch der halbe Erfassungsbereich, L/2 statt L, benötigt wird. Dadurch wird der störende Einfluss lateraler Änderungen von Topographie, Schichtmächtigkeiten und Materialzusammensetzung verringert. Um die laterale Auflösung weiter zu verbessern und die Aussagesicherheit zu erhöhen, messen wir bei Bedarf an jedem Messpunkt zwei einander entgegengesetzte Elektrodenauslagen. Bei dieser sog. Doppelsondierung liegen dann zwei Sondierungskurven pro Messpunkt vor (siehe Bild 2 unten). Die Ergebnisse werden zur Darstellung in Profilen und Plänen entsprechend in Auslagenrichtung verschoben.

Die Anzahl der Messpunkte auf einer Fläche richtet sich nach dem Erkundungsziel. Ein lateral stark variabler Schichtaufbau erfordert mehr Messpunkte pro Hektar. Üblich sind Messpunktabstände zwischen 30 m (Detailerkundung) und 200 m (Übersichtserkundung

Bild 2: Elektrodenanordnungen bei geoelektrischen Tiefensondierungen

Oben: Herkömmliche Volle-Schlumberger-An­ordnung. A, B: Stromelektroden; M, N: Potentialelektroden. Mitte: Tiefen-sondierung in Halber-Schlumberger-Anordnung. Deutlich verbesserte laterale Auflösung bei gleicher Erkundungstiefe. Die Stromelektrode A befindet sich senkrecht zur Auslage vom Messpunkt um etwa die Strecke L entfernt. Unten: Doppelsondierung, bestehend aus zwei einzelnen Tiefensondierungen in Halber-Schlumberger-Anordnung mit entgegengesetzten Auslagen. Es ergeben sich zwei Sondierungskurven mit versetzten Erfassungsbereichen.

Auswertung

Für die Auswertung einer Sondierungskurve stehen zwei Berechnungsverfahren zur Verfügung:

-        Schichtgrenzenberechnung (auch Schichtmodellberechnung genannt)

-        Kontinuierliche Berechnung

Beide Methoden setzen einen (im Bereich der Auslage) horizontal geschichteten Untergrund voraus. Bei der Schichtgrenzenberechnung (Bild 3c) wird eine für die Berechnung notwendige sowie geologisch sinnvolle Anzahl von Schichten vorgegeben und zu diesen eine Tiefenlage und ein spezifischer Widerstandswert berechnet. Diesen berechneten Schichten lassen sich dann im Regelfall einzelne geologische Schichten zuordnen. Da geoelektrische Felder Potentialfelder sind, ist aufgrund der Theorie eine eindeutige Lösung nicht möglich. Zu einer Sondierungskurve erhält man eine ideale Lösung, es sind aber theoretisch unendlich viele andere Lösungen denkbar (mathematisches Äquivalenzprinzip). Die Bandbreite der möglichen Lösungen kann jedoch durch die geologischen Rahmenbedingungen ( i.w. zu erwartender Schichtaufbau) stark eingeschränkt werden. Die Schichtgrenzenberechnung und ihre Interpretation sollten daher immer an Bohrungen mit bekanntem Schichtaufbau orientiert werden.

Bild 3: Auswertung der geoelektrischen Tiefensondierung

Bei der kontinuierlichen Berechnung (Bild 3d rechts) werden für eine Sondierungskurve bis zu 20 Schichten mit fester Tiefenlage vorgegeben und zu jeder ein Widerstandswert berechnet. Auf diese Weise erhält man für jede Sondierungskurve ein quasi kontinuierliches, vertikales Profil von Widerständen. Die einzelnen Widerstands-Tiefenprofile werden zu Profil­schnitten zusammengesetzt und farblich visualisiert. Schichtgrenzen werden erkennbar an markanten Farbveränderungen. Der Vorteil dieser Methode liegt in einer vereinheitlichten Berechnung der Sondierungskurven. Die Ergebnisse benachbarter Messpunkte können so besser miteinander verglichen werden, Trends und Tendenzen wie z.B. Material- und Schichtwechsel werden leichter erkennbar. Die kontinuierliche Auswertung wird vorzugsweise eingesetzt, wenn noch keine Bohrungen vorhanden sind sowie zur Unterstützung der Schichtgrenzenberechnung. Durch die Kombination beider Methoden wird das bestmögliche Ergebnis erzielt.

Widerstandswerte in Lockergesteinen

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über typische elektrische Widerstandswerte von Lockersedimenten im Voralpenraum.

Tabelle 1: Ungefähre spezifische elektrische Widerstandswerte von Lockersedimenten im Voralpenraum (Literaturwerte und eigene Erfahrungswerte). Wm: Ohm*m

Tone und Schluffe; i.d.R. feucht

10-50 Wm

Sande; schluffig, feucht, aber wasserungesättigt

50-300 Wm

Kies; stark schluffig, sandig, feucht, aber wasserungesättigt

100-500 Wm

Kies; schluffarm, wassergesättigt

200-400 Wm

Kies und Sand; schlufffrei, trocken

500 bis >2000 Wm

Molasse: Schluffe, Sande

20-100 Wm

Der elektrische Widerstandswert von Lockersedimenten variiert naturgemäß über große Bereiche. Er wird vor allem von zwei Faktoren bestimmt:

- Dem Gehalt an Tonmineralen (Ton/Schluff), die elektrisch sehr gut leitfähig sind und dadurch einen niedrigen elektrischen Widerstand des Sediments bewirken.

- Der Sättigung mit Wasser, das durch einen erhöhten Gehalt an Elektrolyten (Salzgehalt) gut leitfähig sein kann.

In Lockersedimenten nimmt der elektrische Widerstandswert insgesamt mit der Korngröße zu, bedingt vor allem durch sinkende Schluff- und dadurch meist auch sinkende Feuchtegehalte. So haben Tone die niedrigsten Widerstandswerte und grobe, schlufffreie Kiese die höchsten. Dies gilt für wasserge­sättigte und ungesättigte Lockersedimente. Eine absolute Zuordnung ist jedoch nicht möglich, da die Sedimente wechselnde Gehalte an Tonmineralen und unterschiedliche Feuchtegrade haben. Dadurch kommt es zu Überlappungen der Widerstandsbereiche, so dass beispielsweise ein ungesättigter, stark schluffiger Kies nicht mehr von einem gesättigten, schlufffreien Kies zu unterscheiden ist. Über Aufschlüsse durch Schürfe und Bohrungen kann meist gebietsweise eine tendenzielle Zuordnung von Widerstandswert und Materialzusammensetzung erstellt werden.


[1] Unter der Annahme eines lateral homogenen, horizontal geschichteten Untergrundes.